http://kurier.at/wirtschaft/4516157-merkel-fuer-eu-durchgriffsrecht-auf-nationale-budgets.phpKURIER Thema: Eurokrise
Merkel für EU-Durchgriffsrecht auf nationale BudgetsDie deutsche Kanzlerin fordert vor dem EU-Gipfel zudem Solidaritätsfonds und warnt bei der Bankenunion vor hastigen Beschlüssen.
Letztes Update am 18.10.2012, 11:26
Merkel im Bundestag am 18. Oktober 2012: Euro "weit mehr als eine Währung"
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor dem EU-Gipfel in Brüssel zu weiteren Anstrengungen zur Überwindung der Euro-Krise aufgerufen. Der Euro sei "weit mehr als eine Währung", sagte Merkel am Donnerstag vor dem Bundestag in Berlin. "Dieser Euro steht symbolhaft für die wirtschaftliche, soziale und politische Einigung Europas."
Das bevorstehende Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs werde gewiss nicht der letzte Krisengipfel sein. Zugleich gelte aber auch: "Manches ist bereits geschafft. Wir können die Konturen einer Stabilitätsunion bereits deutlich erkennen."
Die wichtigsten Aussagen Merkels in der Regierungserklärung:
... EU bei Budgets mehr Macht geben
Bei der Kontrolle der nationalen Haushalte nannte Merkel mehr Rechte des EU-Währungskommissars denkbar. Die EU sollte echte Durchgriffsrechte gegenüber nationalen Haushalten bekommen, wenn die Vorgaben der EU nicht eingehalten würden. Eine gemeinsame Schuldenhaftung wäre dagegen ein Irrweg.
... Solidaritätsfonds für Projekte
Merkel hat auch einen neuen Solidaritäts-Fonds zur Unterstützung von Reformen in europäischen Krisenländern vorgeschlagen. Damit könne "ein neues Element der Solidarität" eingeführt werden. Aus dem Topf könnten zeitlich befristet und projektbezogen Gelder in Anspruch genommen werden. Gespeist werden könne der Fonds aus den Einnahmen der Finanztransaktionssteuer.
... Zukunft der Banken
EZB-Neubau in Frankfurt: Bankenwelt neu gestalten.
Merkel warnte in der europäischen Debatte über eine Konzentration der Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank vor überhasteten Entscheidungen. Qualität müsse vor Schnelligkeit gehen, sagte sie. Die komplexen Fragen müssten gut gelöst werden, sonst sei kein Fortschritt erreichbar. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission soll die EZB bereits ab dem kommenden Jahr schrittweise die Bankenaufsicht übernehmen. In der Bundesregierung gilt dieser Zeitplan als unrealistisch.
Die gemeinsame Aufsicht ist auch Voraussetzung dafür, dass der Euro-Rettungsschirm ESM Banken direkt rekapitalisieren kann.
Gespenstisch: Streiks in Griechenland 12 Bilder
... Griechenland
Merkel bekräftigte das Ziel, Griechenland trotz aller Schwierigkeiten im Euro zu halten. "Ich wünsche mir, dass Griechenland im Euroraum bleibt." Dies sei nicht nur im Interesse Athens, sondern der gesamten Eurozone und der Europäischen Union. Merkel verwies darauf, dass unerledigte Reformen und Fortschritte in Griechenland zwei Seiten einer Medaille seien.
"In Athen, in der griechischen Regierung, bei vielen in Wirtschaft und Gesellschaft erlebe ich einen ernsten Willen zur Veränderung", sagte die Kanzlerin. Zugleich gingen strukturelle Veränderungen oft nur im Schneckentempo voran.
... Steinbrücks Konter
Kanzlerkandidat der SPD und damit Merkels Rivale: Steinbrück
Auf Merkel folgte Peer Steinbrücks Rede im Deutschen Bundestag. Der designierte SPD-Kanzlerkandidat rief Merkel im Gegenzug zu größeren Anstrengungen bei der Eurorettung auf.
Kein Rettungsschirm sei zu groß, um Europa zu bewahren, rief Steinbrück beim ersten direkten Schlagabtausch mit der Kanzlerin im Parlament nach seiner Nominierung zum Kanzlerkandidaten. "Kleinmut würde dem nicht gerecht." Er ergänzte: "Deutschlands Zukunft ist Europa und in diese Zukunft werden wir investieren müssen." Die Kanzlerin solle den Menschen ehrlich sagen, dass Griechenland weitere Hilfe benötige. Wenn der erste Stein aus dem europäischen Haus gebrochen sei, würden weitere folgen. Steinbrück warf Merkel vor, im Sommer "ein Mobbing" in den eigenen Reihen gegen Griechenland zugelassen zu haben.
Letztes Update am 18.10.2012, 11:26
Artikel vom 18.10.2012 10:48 | APA | sho