Im Fall Kampusch könnte es am 13. April eine neue Wende geben: An diesem Tag will der ständige Unterausschuss des Innenausschusses des Nationalrates ein öffentliches Kommuniqué zur parlamentarischen Prüfung des Falles veröffentlichen.
Das Fazit der Abgeordneten steht – so Insider – bereits fest: Die nach wie vor nicht ausgeräumten Ungereimtheiten sollen von der Justiz neuerlich überprüft werden.
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Nur Vater Kampusch verurteilt
Durch den Kampusch-Abschlussbericht der Justiz nach Ermittlungen gegen fünf Staatsanwälte wurde jetzt bekannt, dass es zwar eine Ankündigung gab, den Verdacht gegen Ernst H. wegen möglicher Vermögensdelikte extra prüfen zu lassen. Doch dazu ist es bisher nie gekommen. Auch wurde H. im Zuge der Ermittlungen von Kampusch bezichtigt, er würde mit seiner Gattin, einer Ex-Jugoslawin, eine Scheinehe führen. Auch dieser Vorwurf wurde von der Strafjustiz offenbar nie näher untersucht. Der Einzige, der bisher in der Causa jemals eine gerichtliche Strafe erhalten hat, war Kampuschs Vater Ludwig Koch. Er bezahlte 10.000 Euro Geldstrafe, weil er Ernst H. einmal tätlich attackiert hatte.
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Interview mit Alois Birklbauer
Professor für Strafrecht an der Linzer Kepler-Universität.
OÖN: Die Justiz veröffentlichte den Abschlussbericht über die Einstellung des Amtsmissbrauchsverfahrens gegen fünf Staatsanwälte. Ihr Fazit?
Birklbauer: Das Verfahren gegen die Beschuldigten (wegen Vertuschungsvorwürfen, Anm.) wurde zu Recht eingestellt. Sicher gab es viele Ermittlungsfehler. Aber der geforderte wissentliche Befugnismissbrauch war nicht gegeben.
OÖN: Was sagen Sie zur Qualität dieses Berichts?
Birklbauer: Er wurde im Sinne der Transparenz im Internet veröffentlicht und ist für jedermann lesbar. Dafür ist er aber unübersichtlich und schlecht gegliedert. Das ist nicht transparent.
OÖN: Die Diskussion über den Fall wirft die Frage auf, welcher Grundsatz gravierender ist: der Opferschutz oder die Pflicht, in einem Kriminalfall die objektive Wahrheit zu erforschen.
Birklbauer: Die Festlegung auf einen Einzeltäter nach dem Selbstmord dürfte die beste Gelegenheit gewesen sein, die 2006 neu eingeführten Opferrechte vorzuexerzieren. Rechtlich ist es klar: Die Pflicht, die Wahrheit zu erforschen, steht über dem Opferschutz.
OÖN: Was waren die Schwierigkeiten bei den anfänglichen Ermittlungen?
Birklbauer: Die Flucht des Opfers war im August 2006, strafrechtlich eine Übergangszeit. Die neue Strafprozessordnung war beschlossen, aber noch nicht in Kraft. Der U-Richter war ein Auslaufmodell, die Staatsanwälte hatten noch nicht die Handhabe wie heute. Möglich, dass diese Legisvakanz zu Missverständnissen führte.
http://www.nachrichten.at/nachrichten/chronik/art58,854709