http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/AB/AB_11088/index.shtmlVerschleppung der Verfahren durch willkürliche Gutachtertätigkeit in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren (11088/AB)
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Anfragebeantwortung
Anfragebeantwortung durch die Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl zu der schriftlichen Anfrage (11258/J) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Verschleppung der Verfahren durch willkürliche Gutachtertätigkeit in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren
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Beantwortet durch: Mag. Dr. Beatrix Karl Regierungsmitglied Bundesministerium für Justiz
beantwortet Verschleppung der Verfahren durch willkürliche Gutachtertätigkeit in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren (11258/J)
Datum Stand der parlamentarischen Behandlung Protokoll
29.05.2012 Einlangen im Nationalrat
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REPUBUK ÖSTERREICH
DIE BUNDESMINISTERIN FÜR JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0109-Pr 1/2012
Museumstraße 7
1070 Wien
Tei:+43 1521520
E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
XXJV.GP.-NR
11088/AB
29.Mai 2012
zu 11258/J
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 11258/J-NR/2012
Der Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Peter Fichtenbauer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend .‚Verschleppung der Verfahren durch willkürliche Gutachtertätigkeit in Obsorge- und Besuchsrechtsverfahren" gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 und 2:
Dazu stehen mir keine automationsunterstützten Daten zur Verfügung; eine händische Ermittlung durch bundesweite Aktenrecherche würde einen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringen. Ich habe aber aus der Verfahrenautomation Justiz ermitteln lassen, wo in den elektronischen Registern zumindest ein Verfahrensbeteiligter mit der Rolle Sachverständiger erfasst ist. Ob dieser Sachverständige nun genau zu diesem Vorgang ein Gutachten erstellt hat, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Auswertung ist angeschlossen.
Zu 3: Dazu stehen mir keine Zahlen zur Verfügung.
Zu 4:
Die Frage, ob ein für die Entscheidung eines Gerichtes wesentlicher Sachverhalt durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden soll, hat das Gericht im Rahmen seiner eigenen Verantwortung zu lösen. Ein Eingriff des Gesetzgebers in die den Gerichten übertragene freie Wahl der Beweismittel und damit eine Beschränkung der Wahrheitsfindung in gerichtlichen Verfahren ist nicht angebracht.
Zu 5:
Die fachliche und persönliche Eignung einer Person, die die Eintragung als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige bzw. als allgemein beeideter und
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gerichtlich zertifizierter Sachverständiger in die Genchtssachverständigenliste (Zertifizierung) oder deren Verlängerung (Rezertifizierung) beantragt, ist in jedem Einzelfall entsprechend den Vorgaben der § 4 und 6 SDG im jeweiligen Eintragungs- bzw. Rezertifizierungsverfahren genau zu prüfen. Der rechtliche Rahmen, den die genannten Bestimmungen des SDG zur Verfügung stellen, ermöglicht dabei - durch in ihrer Intensität abgestufte Prüfungsinstrumentarien eine für jeden Einzelfall angemessene Überprüfung, die in der Verantwortung der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Landesgerichts steht.
Zu den Voraussetzungen für die Eintragung einer Person in die Gerichtssachverständigenlisten zählen unter anderem entsprechende Kenntnisse über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens ( 2 Abs. 2 Z 1 lit. a SDG).
Zur Feststellung der fachlichen und persönlichen Eignung einer Eintragungswerberin bzw. eines Eintragungswerbers ist nach § 4 Abs. 2 SDG grundsätzlich ein Gutachten einer Kommission gemäß § 4a SDG durch das zuständige Entscheidungsorgan einzuholen; die Einholung eines Gutachtens dieser Kommission bzw. einer Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission sieht das SDG darüber hinaus auch im Rahmen des Rezertifizierungsverfahrens (wenn nicht die Sachverständigeneignung ohnedies - besonders wegen der häufigen erfolgreichen Heranziehung in Gerichtsverfahren -feststeht) vor.
Den Vorsitz einer solchen Kommission hat ein vom Entscheidungsorgan zu bestimmendes richterliches Organ zu führen. Die oder der Vorsitzende hat unter Beachtung allfälliger BefangenheitsgrÜnde in ausgewogener Weise mindestens zwei weitere qualifizierte und unabhängige Fachleute in die Kommission zu berufen, die nach Möglichkeit für das betreffende Fachgebiet in die Gerichtssachverständigenliste eingetragen sind und von der Kammer bzw. gesetzlichen lnteressensvertretung, zu der das betreffende Fachgebiet gehört, sowie vom Hauptverband der Sachverständigen oder von einer vergleichbaren Vereinigung namhaft gemacht wurden. Die Kommission hat die Bewerberin bzw. den Bewerber grundsätzlich mündlich, bei Bedarf auch schriftlich zu prüfen, wobei insbesondere die Erstattung eines Probegutachtens aufgetragen werden kann.
Zu 6:
Die Auswahl der Person der bzw. des zu bestellenden Sachverständigen obliegt ausschließlich dem erkennenden Gericht und wird im jeweiligen Gerichtsverfahren (unter Einbeziehung der Verfahrensparteien) im Rahmen der unabhängigen Rechtsprechung wahrgenommen ( 351 ZPO). Das erkennende Gericht hat der bzw. dem Sachverständigen eine angemessene Frist für die schriftliche Gutachtenserstattung zu setzen. Die bzw. der Sachverständige ist verpflichtet, diese Frist (die allenfalls vom Gericht verlängert werden kann) einzuhalten. Ist die Tätigkeit der bzw. des Sachverständigen aus ihrem bzw. seinem Verschulden unvollendet geblieben, so hat sie bzw. er keinen, sonst nur einen Anspruch auf
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die der unvollendeten Tätigkeit entsprechenden Gebühr. Hat die bzw. der Sachverständige aus ihrem bzw. seinem Verschulden die Tätigkeit nicht innerhalb der vom Gericht festgelegten Frist erbracht oder das Gutachten so mangelhaft abgefasst, dass es nur deshalb einer Erörterung bedarf, so ist die Gebühr für Mühewaltung nach richterlichem Ermessen unter Bedachtnahme auf das die Sachverständige bzw. den Sachverständigen treffende Verschulden, die Dringlichkeit des Verfahrens, das Ausmaß der Verzögerung und den Umfang der erforderlichen Erörterungen um insgesamt bis zu einem Viertel zu mindern ( 25 Abs. 3 GebAG). Außerdem kann der bzw. dem Sachverständigen die Eigenschaft als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige bzw. als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger von der Präsidentin oder dem Präsidenten des Landesgerichts entzogen werden, wenn jene bzw. jener wiederholt die Aufnahme des Befundes oder die Erstattung des Gutachtens über Gebühr hinauszögert ( 10 Abs. 1 Z 3 SDG).
Diese gesetzlichen Mechanismen sollen gewährleisten, dass auch häufig von den Gerichten herangezogene Sachverständige gerichtliche Gutachtensaufträge nur solange übernehmen können, als sie deren Erfüllung auch pflichtgemäß bewerkstelligen können. Eine Einflussnahme des Bundesministeriums für Justiz auf den unmittelbaren Auswahlvorgang kommt freilich bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht.
Zu 7:
Sachverständige können aus denselben Gründen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung einer Richterin oder eines Richters berechtigen ( 355 if ZPO). Sollte eine Verfahrenspartei also der Ansicht sein, zureichende Gründe zu erkennen, die die Unbefangenheit einer bzw. eines gerichtlich bestellten Sachverständigen in Zweifel ziehen ( 19 Z 2 JN), so steht es dieser frei, einen entsprechenden Ablehnungsantrag an das erkennende Gericht zu stellen. Wird der Ablehnung stattgegeben, so ist umgehend eine andere Sachverständige oder ein anderer Sachverständiger zu bestellen.
Zu 8:
Bei von einer Partei vorgelegten Privatgutachten und beim Gutachten einer bzw. eines gerichtlich bestellten Sachverständigen handelt es sich um unterschiedliche Arten von Beweismitteln im Gerichtsverfahren; Privatgutachten bilden einen Beweis durch Urkunden ( 292 if ZPO), Gutachten durch gerichtlich bestellte Sachverständige einen Beweis durch Sachverständige ( 351 if ZPO). Alle Arten von Beweismitteln unterliegen der freien Würdigung durch das erkennende Gericht bei dessen Entscheidungsfindung im Rahmen der unabhängigen Rechtsprechung ( 272 ZPO). Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdigung manifestiert sich auch dadurch, dass die Verfahrensgesetze grundsätzlich keine Anordnung treffen, aus der sich eine Rangordnung der Beweismittel im Hinblick auf deren Beweiswert
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ableiten lässt.
Zu 9:
Gerichtliche Entscheidungen unterliegen der inhaltlichen Überprüfung durch Gerichte. Auch eine spezielle fachliche Ausbildung der in erster Instanz tätigen Rechtsprechungsorgane würde die auch in zweiter Instanz notwendige Würdigung der Beweise nicht erleichtern. Dies wäre nur durch eine wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit von zahlreichen Betroffenen - darunter den Angehörigen der Rechtsberufe - als Beschränkung der Überprüfbarkeit gerichtlicher Entscheidungen zu Recht abgelehnte Beschränkung der Tatsachenfeststellung auf die erste Instanz zu erreichen.
Zu 10 bis 20:
Die Fragen betreffen die (angebliche) Vorgehensweise unabhängiger Gerichte. Sie unterliegen daher nicht meinem Wirkungsbereich.
Wien,23. Mai 2012
Dr. Beatrix Karl
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PERSÖNLICHE ANMERKUNG: TABELLE
Auswertung Verfahrensautomation Justiz
Parlamentarische Anfrage 11258/J-NR/2012 Frage 1
PERSÖNLICHE ANMERKUNG: WIRD ERGÄNZT
*) seit 22.12.2011 verfügbar
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2 PDF-ANHÄNGE ZUM BEWEIS:
20120523 DR BEATRIX KARL ANTWORT Verschleppung ... SCAN.pdf
20120523 DR BEATRIX KARL ANTWORT Verschleppung ... PDF.pdf